StudiVZ: Verlage können’s nicht.

StudiVZs langsamer Tod setzt sich fort

StudiVZ war einst das beliebteste soziale Netzwerk Deutschlands – und legte seitdem einen langsamen Sturzflug hin. Nach einem langen und quälenden Prozess verkaufte der Holtzbrinck Verlag das Netzwerk nun an die Investmentgesellschaft Vert Capital. Wieder einmal zeigt sich, dass deutsche Medienhäuser nicht Social Media sprechen.

Deutsche Verlage zu träge für Social Networks

Auf der Höhe seines Erfolges kaufte die Verlagsgruppe das soziale Netzwerk 2007 und versprach sich, damit den großen Wurf gelandet zu haben. Für manche war dies schon damals eine strategisch unkluge Entscheidung, da StudiVZ nicht innovativ war. Das Beispiel StudiVZ sollte vielen Investoren noch als Lehrstück dafür dienen, wie man es nicht macht.

Der Niedergang StudiVZs war schon in seiner Entstehungsgeschichte begründet – im Gegensatz zu Portalen wie beispielsweise Pinterest oder Instagram setzte es kein neuartiges Konzept um. Es war vielmehr nur eine deutsche Version des damaligen amerikanischen Newcomers Facebook. Das machte das von Studenten gegründete StudiVZ zu einem Netzwerk von Facebooks Gnaden. StudiVZ konnte nur solange den deutschen Markt dominieren, wie Facebook sich aus Deutschland heraushielt.

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Social Networking ohne Deutschland.

Die Macher des deutschen Pendants verschliefen indes viele Möglichkeiten, um dem amerikanischen Unternehmen Paroli zu bieten – sie zogen beispielsweise erst mit Apps für Smartphones und Tablets nach, nachdem Facebook den Trend einläutete. Während Facebook sich stetig neu erfand und beispielsweise immer mehr Wert darauf legte, auf die Belange von Smartphone-Usern einzugehen, blieb StudiVZ fast unverändert. Die Profile blieben sehr einfach, da man sich anscheinend darauf verließ, dass man auch in Zukunft bei minimalen Investitionen maximale Mitgliederzuwächse erzielen kann.

Verkauf an Facebook hätte Sinn gemacht

Es ist jedoch mehr als fraglich, ob Änderungen überhaupt etwas gebracht hätten. Vermutlich wäre Holtzbrinck und StudiVZ eher damit gedient gewesen, das Netzwerk an Facebook zu verkaufen – 2008 wurde über die diesbezüglich gescheiterten Verhandlungen berichtet. Laut dem Blog Netzwertig verband Facebook die Verhandlungen mit einer Klage, da StudiVZ in vielerlei Hinsicht vom amerikanischen Vorbild abkupferte – vermutlich deswegen war StudiVZ nicht bereit, sich unter einem solchen Druck mit dem Internet-Riesen zu einigen.

In den Medien wurde schon seit geraumer Zeit regelmäßig über das dahinsiechende soziale Netzwerk berichtet. Der Merkur sprach etwa vom „sterbenden Facebook-Klon“. Mit der Zeit entstanden sogar Websites, die sich einzig der „Wann stirbt StudiVZ?“ widmen – zu lange hat Holtzbrinck wohl aus Eitelkeiten an dem Verlustgeschäft StudiVZ festgehalten.

Fazit: Deutsche Steinzeitkommunikation meets Social Networking

Social Networks müssen von ihren Erfindern und kreativen Machern geleitet werden, nicht von Verlagen. Burda wird sich an Xing genauso die Finger verbrennen, wie konkurrierende (auch internationale) Verlaghäuser mit anderen Netzwerken zuvor. Die Strukturen verkrusteter Verlagshäuser passen nicht in den Kontext Social Media mit seinem revolutionären Habitus.

Ein weiteres Manko ist die uns durch die Medien verbaute Sicht auf Social Media im allgemeinen: Hier wird nicht von Chancen geredet, sondern werden permanent Gefahren flankiert. Ich fürchte mich schon, Facebook in der Google-News Suche einzugeben! Während sich die USA schon auf dem Weg in die Shareconomy befindet, tratschen wir noch über Benimmregeln auf sozialen Netzwerken.

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Ende.

Matthias-M. Pook

Social Media Manager (FH). Mehr über Matthias und den Blog Netzschnipsel findest Du unter den Menüpunkten "Autor" sowie "Über".

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