Google+: unverhoffte Publicity

Google+ durchbricht chinesische Firewall

An dieser Stelle haben wir Euch schon oft von der Geisterstadt Google+ berichtet. Das soziale Netzwerk krankt vor allem an der niedrigen monatlichen Verweildauer seiner Nutzer und liegt in dieser Hinsicht noch hinter Konkurrenten, wie Pinterest, Twitter oder Myspace, einem Netzwerk, für das schon langen die Totenglocken läuten.

Chinesen wählen jetzt Obama…

In den letzten Wochen erlebte Googles Facebook-Antwort aber einen Publicity-Sturm, an dem es gänzlich unbeteiligt war. Aufgrund eines rätselhaften Schlupfloches in der sogenannten chinesischen Firewall war es chinesischen Internetnutzern in einigen Gebieten des Landes plötzlich möglich, Google+ zu nutzen. Gewöhnlich ist es chinesischen Internetnutzern verwehrt, soziale Netzwerke zu nutzen, die für den Rest der Welt ganz einfach zugänglich sind. Da es sich also um eine einmalige Möglichkeit für chinesische Internetnutzer handelte, um sich frei zu äußern, hinterließen sie vor allem auf der Profilseite des amerikanischen Präsidenten Barack Obama tausende Kommentare. Manche fragten nach einer Greencard oder äußerten ihre Meinung zu politischen Fragen. Andere nutzten die Gelegenheit aber auch nur, um einen Post des Präsidenten mit einem einfachen „Hallo“ zu kommentieren. Einige chinesische Nutzer fragten danach, ob sie denn nicht auch einen Wahlkampfaufkleber des Präsidenten erhalten könnten. Die Nutzer teilten sich in der Regel auf Chinesisch mit, nur selten schrieben sie dem Präsidenten auch in englischer Sprache. Viele amerikanische Nutzer Notebooks rieben sich deshalb angesichts der plötzlichen Flut von chinesischen Schriftzeichen auf Obamas Profil verwundert die Augen. Einige zeigten sich genervt über die vermeintlichen Spams, andere zeigten jedoch Verständnis dafür, dass die Chinesen so begeistert davon sind, ihre Meinung frei zu äußern.

Chinesen legen Ihr typisches Weiguan-Verhalten an

Der Chef des Online-Magazins Danwei.com und China-Kenner Jeremy Goldkorn erklärte der Voice of America, was es mit den meisten Kommentaren der chinesischen Google+-Besucher auf sich habe. Seiner Einschätzung nach sei der Großteil der chinesischen Kommentare humorvoll oder ironisch gemeint. Sie entsprächen dem in China sehr typischen „Weiguan“-Verhalten. So bezeichnet man das Rumstehen und Anstarren auf der Straße, wenn es etwas Interessantes zu beobachten gibt.

Google+ mal endlich in den Schlagzeilen

Was bedeutet dies alles für Google+? Zum einen kann sich das soziale Netzwerk über kostenlose Werbung und zur Abwechslung einmal über Medienberichterstattung freuen, die nicht negativ ist. Die Macher von Google+ selbst betonen jedoch, keine technischen Änderungen vorgenommen zu haben, die zu dem Schlupfloch in der chinesischen Firewall geführt haben könnten. Diese Episode mag zudem zumindest in den Vereinigten Staaten dazu geführt haben, dass die Internetnutzer etwas länger in dem sozialen Netzwerk verweilen, um den chinesischen Sturm auf das Profil Barack Obamas zu bestaunen. Sicher ist auf jeden Fall, dass sich die Macher von Google+ über zahlreiche neue Fans im Fernen Osten freuen können.

Wir stellen auf jeden Fall keine Firewall für Euch auf und treffen Euch gerne auch auf unseren Facebook-Seiten. Unzensiert und ungeniert.

Matthias-M. Pook

Social Media Manager (FH). Mehr über Matthias und den Blog Netzschnipsel findest Du unter den Menüpunkten "Autor" sowie "Über".

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